Am 20. November 1989 wurde durch die UN-Generalversammlung die Kinderrechtskonvention beschlossen. Seit diesem Tag wird an jenem Datum international der Tag der Kinderrechte gefeiert. Durch diesen Beschluss wurden Kindern ihre eigenen Rechte zugesichert, wie zum Beispiel das Recht auf Bildung oder Recht auf Schutz vor Gewalt. Österreich hat den Beschluss ebenfalls 1992 unterzeichnet. Diesen Tag möchten wir nutzen, um noch einmal über das wichtige Thema Kinderarbeit in Steinbrüchen zu informieren und haben deshalb mit dem Geschäftsführer von XertifiX, Dr. Walter Schmidt, gesprochen. An dieser Stelle möchten wir und ganz herzlich bei Dr. Schmidt für das Interview bedanken!
Den ersten Blogbeitrag zu XertifiX und unserer Beteiligung dabei, finden Sie hier: XertifiX - gemeinsam gegen Kinderarbeit
Stein & Co: Nachdem durch Benjamin Pütter in den 1990er Jahren festgestellt wurde, dass Kinderarbeit in Indien leider sehr wohl ein Thema ist, wie lange dauerte es von der Idee zur Siegelung von Steinen bis zur Gründung von XertifiX?
Walter Schmidt: Herr Pütter wurde in den 90er Jahren von Steinmetzen um eine Einschätzung nach den Arbeitsbedingungen in indischen Steinbrüchen befragt. Entgegen seiner ursprünglichen Annahme haben zahlreiche Besuche gezeigt, dass er immer dann Kinderarbeit vorgefunden hat, wenn er überraschend und unangekündigt in die Steinbrüche gekommen ist. Damit war klar, dass es unabhängige und unangekündigte Kontrollen bräuchte, um das Problem in den Griff zu bekommen. Im Jahr 2003 gab es dann eine Dokumentation auf ARTE, die das Problem einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht hat. Danach hat es aber noch weitere zwei Jahre gebraucht, bis XertifiX auf Initiative von Benjamin Pütter mit Unterstützung des Hilfswerkes Misereor e.V. gemeinsam mit Politikern und der Gewerkschaft IG BAU gegründet wurde. Ein Jahr später begannen die ersten Kontrollen in Indien.
Was unterscheidet den Verein XertifiX e.V. vom Verein XertifiX Sozialprojekte e.V. und wie hilft zweiteres gegen Kinderarbeit?
Wir haben die Aufgaben aufgeteilt: XertifiX e.V. ist mit allem beschäftigt, was die Zertifizierung angeht und der Fokus bei XertifiX Sozialprojekte e.V. liegt ausschließlich auf Sozialprojekten in Indien. Das sind vor allem Schulprojekte in Gegenden, wo die Kinder von Steinbrucharbeitern sonst keine Gelegenheit zum Schulbesuch hätten. Damit wird wesentlich zur Bekämpfung von Kinderarbeit beigetragen, denn wenn Kinder im schulfähigen Alter keine Möglichkeit haben in die Schule zu gehen, dann steigt die Gefahr der Kinderarbeit deutlich. Diese Projekte sind allerdings bislang in der Anzahl überschaubar – es müsste noch viel mehr Engagement in dieser Richtung geben, wofür aber ein noch höheres Spendenaufkommen notwendig wäre.
Was genau sind, kurz zusammengefasst, die XertifiX Standards?
Die Standards kann man grob in die Bereiche Menschenrechte, Gesundheit und Arbeitssicherheit, vertragliche Belange (wie faire Arbeitszeiten und Bezahlung), Umweltkriterien und wirtschaftsethische Aspekte (z.B. Bekämpfung von Korruption) aufteilen.
Wie läuft die Zertifizierung ab?
Der Ausgangspunkt ist immer der Importeur, der XertifiX beauftragt, seine Lieferketten zu kontrollieren. Hierzu nennt er XertifiX seine Lieferanten und XertifiX beauftragt dann die Auditoren in Indien, China oder Vietnam, sich vom Lieferanten die Steinbrüche und Fabriken nennen zu lassen und das Erstaudit zu vereinbaren. Von da an werden die Produktionsstätten zweimal pro Jahr auditiert, einmal davon unangekündigt. Sobald alle Produktionsstätten einer Lieferkette die Zertifizierungsanforderungen erfüllen, werden die Natursteine aus jener Lieferkette zertifiziert. Die Zertifizierung schreibt vor, dass jeweils in den beiden Folgejahren weitere Kriterien erfüllt werden müssen.
Wie sieht die Kontrolle der Steinbrüche aus und wie kann ich als Einzelperson sicher sein, dass in den kontrollierten Steinbrüchen keine Kinder- oder Sklavenarbeit betrieben wird?
Die Kontrolle erfolgt durch drei Schritte. Erstens werden die Manager und Arbeiter in einem Steinbruch interviewt, wie aus deren Sicht die Umsetzung bestimmter Kriterien erfolgt. Zweitens wird bei der Begehung der Produktionsstätten die Einhaltung von Kriterien durch Beobachtung verifiziert. Und drittens werden zahlreiche Dokumente überprüft, wie beispielsweise Personal-, Lohn-, und Arbeitszeitlisten, Richtlinien, Bestätigungen über die ordnungsgemäße Entsorgung von Abfällen und so weiter. Das Besondere bei XertifiX sind die unangekündigten Kontrollen, die wir in der Regel einmal pro Jahr in jedem Betrieb durchführen. Auf diese Weise gewinnen wir ein unverfälschtes Bild, wie tatsächlich produziert wird und können so mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass im kontrollierten Betrieb Kinderarbeit stattgefunden hat.
Was kann jeder persönlich gegen Kinder- und Sklavenarbeit in Steinbrüchen tun?
Hier sind wir an einem wichtigen Punkt: Jedes Siegel kann nur dann Wirkung entfalten, wenn es auch nachgefragt wird. Die Verbraucher sind in der Verantwortung, nur Natursteine zu kaufen, die aus Steinbrüchen stammen, bei denen durch unabhängige Kontrollen sichergestellt wird, dass keine Kinderarbeit verwendet wurde. Und hierfür sie sind angehalten, bei ihrem Händler nachzufragen, woher die Natursteine kommen und wie sichergestellt wird, dass unter fairen Arbeitsbedingungen und unter Berücksichtigung grundlegender Umweltschutzmaßnahmen produziert wurde. Zusätzlich wäre es wünschenswert, wenn sie bei ihren Kommunen nachfragen, ob und wie bei der öffentlichen Beschaffung von Natursteinen auch auf die Vermeidung von Kinderarbeit geachtet wird.
Was bringt die Zukunft für XertifiX?
Wir sind dankbar für die langjährige Zusammenarbeit mit unseren Lizenznehmern, wodurch wir schon deutliche Verbesserungsmaßnahmen in kontrollierten Betrieben erreichen konnten. Da aber die Mehrzahl der Importeure bislang nicht mit uns oder ähnlichen Initiativen zusammenarbeitet, wird ein großer Teil importierter Natursteine weiterhin unter zweifelhaften Bedingungen produziert. Aus dem Grund wollen wir in Zukunft noch stärker denjenigen Importeuren, die bislang nicht mitmachen, die langfristigen Vorteile einer Zusammenarbeit mit einer unabhängigen Zertifizierung für alle Beteiligten näherbringen. Nur so werden wir in Zukunft auch die Marktmacht erreichen, um in den Produktionsländern auf breiter Front Verbesserungsmaßnahmen zu bewirken.
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